- polnische Frage
- pọlnische Frage,Bezeichnung für die Probleme, die die Versuche einer Wiedererrichtung polnischer Eigenstaatlichkeit nach den Polnischen Teilungen (1772, 1793 und 1795) mit sich brachten. Bereits auf dem Wiener Kongress (1814-15) wurden die Hoffnungen der polnischen Patrioten enttäuscht, als anstelle des von Napoleon I. 1807 errichteten Herzogtums Warschau nicht ein souveräner polnischer Nationalstaat proklamiert, sondern 1815 die Bildung eines in Personalunion mit Russland verbundenen Königreichs Polen (Kongresspolen) beschlossen wurde. Durch die großen Aufstände (Novemberaufstand 1830-31, Galizischer Aufstand 1846, Posener Aufstand 1848 und Januaraufstand 1863-64), die politischen Aktionen der konservativen Emigranten, literarische Agitation u. a. blieb die polnische Frage im Bewusstsein der westeuropäischen Liberalen lange lebendig; in den einzelnen Landesteilen Polens entwickelte sich ein alle Bevölkerungsschichten erfassendes Nationalgefühl. Die Proklamierung eines Königreichs Polen durch die Mittelmächte im Verlauf des Ersten Weltkrieges (November 1916) und die Restitution eines unabhängigen polnischen Staates (Oktober/November 1918, Entstehung der Republik Polen) schienen die polnische Frage zu lösen; die territoriale Expansion Polens bis 1921 (Polnisch-Sowjetischer Krieg) häufte jedoch zugleich neuen Zündstoff an. Nach der erneuten Teilung Polens in eine deutsche und eine sowjetische Interessensphäre (Hitler-Stalin-Pakt, 1939) und der Zerschlagung Polens zu Beginn des Zweiten Weltkriegs erfolgte 1945 die Wiederherstellung des polnischen Staates; dabei wurden die territorialen Verluste Polens im Osten (zugunsten der UdSSR) durch deutsche Gebiete im Westen bis zur Oder-Neiße-Linie ausgeglichen.
Universal-Lexikon. 2012.